VATERLANDSVERRÄTER

ANNEKATRIN HENDEL

24.05. 2012

WEINGUT BRAUNEWELL, ESSENHEIM

„Ich höre diese scheiß westdeutschen Filmfragen genau raus!“ schreit Paul Gratzik die Filmemacherin an und zitiert später einen Satz seiner Mutter, den er nie vergessen hat: „Der größte Feind im ganzen Land, das ist und bleibt der Denunziant.“

Trotzdem hat der aus kleinen Verhältnissen in die DDR-Literaturszene aufgestiegene Gratzik 20 Jahre lang als IM, inoffizieller Mitarbeiter der Stasi, Berichte über Freunde und Förderer geschrieben. 1980 stieg er aus, enttarnte sich selbst und wurde nun seinerseits zum Objekt der Stasi-Beobachtung. Zu Wort kommen im Film eine verflossene Liebe von Paul Gratzig, seine erwachsenen Kinder, Freunde, Kollegen, sein Führungsoffizier und ein IM, der auf ihn angesetzt war.

Und natürlich Gratzik selbst, mit seinen Erinnerungen und von ihm verfassten Stasiberichten.

 

Annekatrin Hendel gelang es mit diesem sensiblen Film das Leben eines Mannes nachzuzeichnen, den man gleichzeitig verfluchen und gern haben muss, der  – zerrissen und stur – sich gern um Kopf und Kragen redet, der Satyr, Verführer, Radikalist und Eremit in einem ist.

(aus: Pressetext  ZDF/arte; Copyright für Fotos: Johann Feindt)